Bericht vom Präsenztreffen in Berlin: “Ich nehme neuen Mut und Hoffnung mit nach Hause”
Das erste bundesweite Treffen der Online-Selbsthilfegruppe Kutane Lymphome am 26.11.2022 wurde von allen Teilnehmenden als sehr hilfreich, herzlich und gut organisiert empfunden. Mit einem ausführlichen Expertenvortrag und dem anschließenden Workshop war es ein informativer und ereignisreicher Tag.
Mindestens einmal im Monat trifft sich die Online-Selbsthilfe Kutane Lymphome zum Austausch per Video-Tool. Doch einmal wenigstens sollte es ein richtiges Treffen geben, inklusive eines medizinischen Fachvortrags. Das wurde nun endlich Realität, auch Dank einer Förderung der Techniker Krankenkasse.
24 Teilnehmende, darunter Betroffene und Angehörige, davon zwei “hybrid” zugeschaltet, haben sich am Samstag, den 26. November, im SprengelHaus in Berlin-Wedding eingefunden, um zunächst den beiden sehr interessanten Vorträgen von Dr. Gabor Dobos, dem CTCL-Experten vom Hauttumorzentrum (HTCC) der Charité zu folgen.
Zu Beginn gab Herr Dr. Dobos einen Abriss über die Entdeckung der kutanen Lymphome. Die Entdeckung neuer Biomarker in den letzten 20 Jahren hat dazu geführt, dass man die Lymphome besser diagnostisch voneinander unterscheiden kann. Die wissenschaftliche Klassifikation der Lymphome hat sich in den vergangenen Jahren auch deshalb geändert. Man unterscheidet mittlerweile 20 verschiedene kutane Lymphome nach der sog. EORTC-Klassifikation (European Organisation for Research and Treatment of Cancer). Diese Klassifikation verläuft dynamisch, d.h. einige Lymphomarten wurden als bösartig heraufgestuft und andere herabgestuft.
Die Seltenheit und auch Unterschiedlichkeit der Symptome der CTCL macht es schwierig, sie zu diagnostizieren. Was sich auch an den Erfahrungsberichten unserer Gruppe spiegelt: Im Durchschnitt (!) dauert die Diagnose eines kutanen Lymphoms circa 6-7 Jahre und es benötigt 3-4 Biopsien, bevor die Erkrankung richtig diagnostiziert wird.
Im Anschluss ging es vor allem auch um neuere Therapien und es kamen viele detaillierte Fragen aus dem Kreis der Betroffenen, die Herr Dr. Dobos mit viel Engagement und Detailkenntnis beantwortete. Da war es schade, dass die Zeit zu schnell verstrich, so dass es doch immer noch viele Fragen gibt, die wir dann in den nächsten Expertenvorträgen anbringen müssen.
Dr. Dobos empfiehlt generell, bei der Anwendung einer neuen Therapie etwa 3-6 Monate abzuwarten, bis man Erfolge spüren kann oder sich für einen Abbruch der Therapie entscheidet. Eine besondere Rolle spielt die niedrig dosierte Strahlentherapie, die man mit 4-8 Gy [sprich: Gray] durchführt, auch in Kombination mit verschiedenen Lokaltherapien der Haut.
Juckreiz als Zeichen der Tumoraktivität
Dr. Dobos gab auch eine Erklärung zum Juckreiz. Man könne sich den Juckreiz als den Kampf der Zellen in der Haut vorstellen. Das Immunsystem reagiert auf die Tumorzellen mit einer Entzündung und diese führt zum Juckreiz. Es gibt verschiedene Methoden, den Juckreiz zu behandeln. So wird zum Beispiel Menthol mit seinem kühlenden Effekt eingesetzt, neben verschiedenen Antihistaminika oder auch dem Lauromacrogol 400 (alte Bezeichnung: Polidocanol).
Meist keine Option: Aggressive Stammzelltherapie
Die Stammzelltherapie ist die einzige Therapie, die in Einzelfällen zu einer vollständigen Heilung führen kann. Doch ehrlicherweise haben Patienten danach auch Rückfälle, die dann wieder anders therapiert werden müssen. Diese Therapie ist jedoch sehr aggressiv und kann in 10-20 % der Fälle sogar tödlich sein, weshalb man sie normalerweise nicht empfiehlt.
Psychoonkologie zur Entlastung
Dr. Dobos empfiehlt einen offenen Umgang mit der Erkrankung. Es kann sehr hilfreich sein, sich Hilfe von Psychoonkologen zu suchen, denn der Umgang mit belastenden Symptomen wie Juckreiz und Schlaflosigkeit kann auch zu psychischen Problemen führen.
Wohin geht die Reise?
Im anschließenden Workshop der Selbsthilfegruppe Kutane Lymphome ging es darum, sich besser untereinander kennenzulernen und herauszuarbeiten, was für uns wichtige Themen für die Zukunft sind. Wenn man sich monatelang immer nur am Bildschirm begegnet, dann ist es natürlich besonders spannend, sich direkt untereinander austauschen zu können.
Um in kurzer Zeit viele Anwesende kennenzulernen, hatten wir dafür die “Speeddating”-Methode gewählt, die schnell zu einem lebhaften Austausch unter den zwanzig Anwesenden führte.
Danach beschäftigten wir uns, teils in Gruppenarbeit, damit, welche Herausforderungen die Erkrankung mit sich bringt und wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Und wie fühlen sich Angehörige von CTCL-Patienten und was haben sie für Bedürfnisse? Und nicht zuletzt machten wir natürlich auch Pläne für das neue Jahr. Wollen wir wieder ein Präsenztreffen organisieren und welche Themen stehen in 2023 an? Mit einem gemeinsamen Restaurantbesuch klang der aufregende Tag in Berlin dann aus.
Stimmen zum Vortrag und Workshop
“Unser Treffen ist online immer toll, aber so war es noch viel besser,” meinte ein Teilnehmer.
“Ich glaube, diese Gruppe verlängert mein Leben,” war die spontane Äußerung eines anderen.
“Ich habe mich sehr gefreut, euch alle kennen zu lernen. Man merkt, wir haben alle die gleichen Probleme,” war das Fazit einer weiteren Teilnehmerin, “Ich nehme Mut und Hoffnung mit nach Hause!” Und auch der Dozent bekam ein besonderes Lob: “Doktor Dobos ist ein Mediziner, der für sein Thema brennt.”
Wir danken dem ehrenamtlichen Organisationsteam für die tolle Vorbereitung der Veranstaltung, der Techniker Krankenkasse für die Förderung des Projektes und auch Dr. Gabor Dobos für seine hervorragenden Vorträge und dem SprengelHaus für die freundliche Betreuung.
Anne Wispler