Bericht vom 35. Deutschen Hautkrebs-Kongress 2025 in Essen
Mit rund 1000 Teilnehmenden war der 35. Hautkrebs-Kongress in Essen wieder das wichtigste jährliche bundesweite Event für alle im medizinischen Bereich Tätigen, die sich vernetzen, austauschen und fortbilden wollen, um etwas gegen Hautkrebs zu tun. Als Patientenvertreterinnen der CTCL-Gruppe haben wir am Stand des HKND informiert und in den Sessions die Ohren und den Bleistift gespitzt, um möglichst viel mitzubekommen.Â
Von der Bedeutung des Darmmikrobioms über KI und Prävention bis zur Versorgung
Generell war spannend, dass mittlerweile die Bedeutung des Darmmikrobioms erkannt ist und es erste Studien gibt, wonach bei einem guten Mikrobiom z.B. Immuntherapien besser anschlagen. So sollten Antibiotikatherapien vor einer Immuntherapie vermieden werden. Bei der Einnahme freiverkäuflicher Präbiotika wurde kein positiver Einfluss gefunden. (Etwas mehr dazu im Artikel https://www.selbsthilfe-hautkrebs.de/35-deutscher-hautkrebskongress-in-essen-forschung-und-patientinnen-im-dialog/)
Natürlich zieht auch die Künstliche Intelligenz in die Medizin ein. Dabei kann sie u.a. helfen, sehr große Datenmengen zu sichten. Doch die Bewertung durch geschulte Fachkräfte bleibt unerlässlich.
Die Informationskampagnen zum UV-Schutz in Australien zeigen durch verändertes Schutzverhalten der Bevölkerung sinkende Hautkrebsinzidenzen. Spannend waren auch Überlegungen eines Landschaftsarchitekten, der zeigte, wie Landschaften gestaltet werden können, damit wir uns weniger potenziell krebsauslösender UV-Strahlung aussetzen. Dabei sollten Materialien eingesetzt werden, die UV-Strahlen möglichst wenig reflektieren.
Ein weiteres Thema war die sehr unterschiedliche und teils regional zu geringe ärztliche Versorgung. Interessant war auch die Vorstellung eines Kommunikationstrainings für ÄrztInnen zusammen mit PatientInnen. Hierdurch konnte die Kommunikation zwischen den beiden Gruppen gezielt gebessert werden.
Erfreulich viele Sitzungen und Vorträge zu CTCL
Es fiel auf, dass es zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Kutane Lymphome gab, die auch gut besucht waren. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass die Erkrankung in Zukunft früher diagnostiziert und passender behandelt werden kann.
Auch eine Studie zur Lebenqualität von CTCL-PatientInnen wurde vorgestellt. Betroffene gaben aufgrund ihrer Hautveränderungen Beeinträchtigungen im sozialen Leben und insgesamt im Alltag und Beruf an. Besonders starke Beeinträchtigungen verursacht starker Juckreiz, wie wir als Betroffene natürlich wissen.
Möglicher Zusammenhang zwischen der Einnahme von Biologika und dem Auftreten von CTCL
In einem Vortrag von Prof. Chalid Assaf ging es um den möglichen Einfluss von Biologika auf die Entstehung von kutanen T-Zell-Lymphomen.
Biologika sind Arzneimittel, deren Wirkstoffe aus biologischen Substanzen gewonnen werden. Sie enthalten zum Beispiel Zellbestandteile, Proteine oder gentechnisch veränderte Organismen. Die Beschaffenheit biologischer Arzneimittel ist viel komplexer als die chemischer Arzneimittel. Zu den ersten Biologika zählt das Hormon Insulin: Seit den 1980er-Jahren wird Humaninsulin mithilfe von lebenden Organismen hergestellt. Heute sind allein in Deutschland etwa 300 Biologika zugelassen. Dazu gehören neben Hormonen z.B. Impfstoffe, Antikörper, Entzündungshemmer oder Blutprodukte wie Gerinnungsfaktoren. Sie spielen bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder in der Krebstherapie eine wichtige Rolle. (Quelle: https://www.gesundheitsinformation.de/biologika-und-biosimilars.html)
Dabei gab es folgende Überlegungen:
- Möglicherweise erfolgte zunächst eine Fehldiagnose der CTCL als z.B. Psoriasis, die dann mit Biologika behandelt wurde
- dadurch evtl. auch verzögerte Diagnose der CTCL
- Biologika erzeugen ein pro-lymphatisches Milieu
- genaue Zusammenhänge sind noch unklar
Leider gibt es auch Daten, dass im Zusammenhang mit einer CTCL-Erkrankung hämatologische Zweitneoplasien, wie z. B. Morbus Hodgkin, CLL und Lymphomatoide Papulose auftreten können, wobei sich die Frage stellt, was zuerst da war.
Da Biologika das Immunsystem dämpfen, ist der Körper während der Therapie anfälliger gegenüber Infektionen oder „schlafenden Infektionen“ – zum Beispiel kann eine früher durchgemachte (?) Tuberkulose wieder aktiv werden.
Das Gesamtüberleben bei CTCL wird immer besser
Gute Nachricht: Immunologische Therapien, z.B. ECP, Interferon, Bestrahlung, Brentuximab Vedotin, Mogamulizumbab und Stammzelltherapie fördern das Überleben beim T-Zell-Lymphom und zwar hinsichtlich das Gesamtüberleben und das progressionsfreien Überleben. Kombinationstherapien werden als vorteilhaft angesehen.
Prof. Assaf berichtete auch von zwei Studien zu Mogamulizumab (MAVORIC und MINT) mit vielversprechenden Ergebnissen und sehr guten Ansprechraten. Da das Medikament noch sehr neu und erst seit fünf Jahren auf dem Markt ist, kann man noch keine langfristigen Schlüsse ziehen.
Weiterhin bestätigten die OMEGA-, MINT- und MIBERIC-Studien die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Mogamulizumab bei Patienten mit MF und Sezary-Syndrom. Diese Daten bestätigten und überträfen die Daten aus der MAVORIC-Studie noch. Evidenz aus der Praxis zeige, dass Kombinationstherapien häufig angewendet werden. Laut der PROSPER-Studie berichten Patienten nach der Behandlung mit Mogamulizumab über Verbesserungen der Hautsymptome, Schlafprobleme, der Regulierung der Körpertemperatur und der Lebensqualität, wobei die Verbesserungen über den 24-wöchigen Nachbeobachtungszeitraum anhielten.
Der MAR: Bekannte Nebenwirkung könnte positives Zeichen sein
Bei der Gabe von Mogamulizumab tritt häufig (ca. bei 24% – 68%), ca. nach 4 Monaten, der sogenannte MAR (Mogamulizumab Associated Rash) auf, der insgesamt mit einem guten Ansprechen auf die Therapie einhergeht. „Der MAR gehört fest zur Therapie mit Mogamulizumab,“ erklärte Prof. Assaf. Zu starke Nebenwirkungen könnten oft durch langsameres Einlaufenlassen vermindert werden. Wichtig ist auch ein guter UV-Schutz. Es gibt Hinweise darauf, dass der Einsatz von Bestrahlung nicht nur im bestrahlten Körperbereich, sondern bei gleichzeitiger Gabe von Mogamulizumab auch systemisch wirkt.
Prof. Rudolf Stadler wies in seinem Vortrag darauf hin, wie wichtig es vor der Therapie sei, z.B. auch auf bestimmte Vorerkrankungen zu testen und den Immun- und Impfstatus zu prüfen. Eine strukturierte Verlaufskontrolle per FACS-Analyse sollte vor Therapiebeginn, dann nach 4 Wochen und nach 3 Monaten erfolgen. Bei verzögertem Ansprechen seien Kombinationstherapien empfohlen, z.B. mit ECP.
Die ECP (Extrakorporale Photopherese) wird besonders beim Sezary-Syndrom als zentrale Therapie angesehen, auch in Kombination mit Interferon, PUVA, Bexaroten oder Mogamolizumab. Auch bei CTCL im Frühstadium, auch ohne Blutbeteiligung, sei sie sehr wirksam.
Brentuximab Vedotin und seine Wirkung
Brentuximab Vedotin ist ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (Antibody-Drug Conjugate, ADC).
Der Antikörper Brentuximab – ein Biologikum – richtet sich gezielt gegen das CD30-Protein, das sich auf der Oberfläche bestimmter Krebszellen befindet.
An den Antikörper ist ein Zytostatikum – ein Chemotherapeutikum – (Vedotin) gekoppelt, das in die Krebszelle eingeschleust wird und dort den Zelltod auslöst.
Bei der Behandlung CD-30-positiver Kutaner Lymphome wird der Wirkstoff Brentuximab Vedotin erfolgreich eingesetzt. Zugleich gibt es Hinweise, dass das Medikament auch bei anderen Lymphomarten wirkt, selbst wenn diese nur wenig oder gar kein CD30 exprimieren. Dabei ist die Nebenwirkung der Polyneuropathie evtl. durch frühzeitiges Absetzen und engmaschige Begleitung des Neurologen zu begrenzen. Brentuximab Vedotin könne auch nach einer Behandlungspause wieder erfolgreich eingesetzt werden.
Gute Erfolge zeigten erste Versuche, Brentuximab Vedotin mit niedrig dosierter Bestrahlung zu kombinieren. Hier könnte das Medikament als Radiosensibilisator wirken, also die Bestrahlungswirkung verstärken. Dazu ist eine weitere Studie geplant.

Barbara (links) mit Solveig Schnaudt (Mitte) und Martina Kiehl (rechts) vom HKND.
Mit vielen wichtigen Vorträgen und der Möglichkeit zum persönlichen Austausch war der diesjährige Hautkrebskongress wieder eine wichtige Chance zum Dazulernen. Danke an alle Unterstützer!
bac / awi